Totschlag – Was Sie zu diesem Vorwurf wissen müssen

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Totschlag – Was Sie zu diesem Vorwurf wissen müssen2018-10-06T20:01:11+02:00

Wird Ihnen Totschlag vorgeworfen? Wir verteidigen Sie.

Totschlag bezeichnet im deutschen Strafrecht die vorsätzliche Tötung eines Menschen, die weder die Strafdrohung erhöhenden Kriterien für Mord noch die privilegierenden und damit die Strafdrohung mindernden für eine Tötung auf Verlangen erfüllt.

Ein Totschlag setzt voraus, dass jemand einen anderen Menschen getötet hat. Zusätzlich muss der Täter aber bei seiner Handlung den Tod des anderen gewollt haben. Auch ein sicheres Wissen, dass die Verletzungshandlungen gewiss zum Tode des Opfers führen werden, genügt. Selbst wenn der Täter den Tod des Opfers weder gewollt hat noch sicher gewusst hat, dass der andere sterben würde, genügt es für das Vorliegen eines Totschlags, dass der Handelnde den Tod des anderen nicht ausschließen kann und sich notfalls mit ihm abfinden will, ihn also billigend in Kauf nimmt. Wenn jemand zum Beispiel gezielt Steine von einer Autobahnbrücke auf die unter der Brücke hindurch fahrenden Autos wirft, nimmt er es in Kauf, dass jemand getroffen wird und stirbt. Er findet sich damit ab. Auch in solch einem Fall liegt ein Totschlag vor, selbst wenn der Handelnde den Tod des Opfers nicht zielgerichtet beabsichtigt hat.

Für das Vorliegen eines Mordes genügen diese gerade genannten Voraussetzungen dagegen nicht. Ein Mord setzt zusätzlich voraus, dass jemand einen anderen Menschen aus einem besonders verwerflichen Beweggrund, auf besonders verwerfliche Art und Weise oder zu einem besonders verwerflichen Zweck tötet. Ein Beispiel für einen besonders verwerflichen Beweggrund ist die Mordlust. Dann muss der Täter bei seiner Tat allein durch den Wunsch getrieben worden sein, einen anderen sterben zu sehen. Mordlust liegt zum Beispiel beim Töten aus Neugier oder Angeberei vor. Auf besonders verwerfliche Art und Weise handelt der Täter, wenn er beispielsweise grausam handelt. Grausam tötet, wer dem Opfer bei der Tötungshandlung aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung durch Dauer, Stärke und Wiederholung der Schmerzverursachung besonders schwere Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt. Zu einem besonders verwerflichen Zweck dient die Tötungshandlung, wenn der Täter sie vollzieht, um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Es genügt für das Vorliegen eines Mordes, wenn nur ein einziges „Mordmerkmal“ gegeben ist. Liegt kein Mordmerkmal vor, handelt es sich „nur“ um einen Totschlag.

Totschlag ist in Deutschland laut Kriminalstatistik zurückgegangen: 1994 (2.605 Fälle), 2004 (1.688 Fälle), 2014 (1.515 Fälle). Auch die Zahl der wegen Mord und Totschlag (§ 211–213) verurteilten Straftaten ist zurückgegangen: 2007 (697 Fälle), 2014 (535 Fälle). 2015 wurden laut Kriminalstatistik insgesamt 2.457 Menschen Opfer von versuchtem oder vollendetem Mord und Totschlag (1.676 Männer; 781 Frauen), davon wurden 589 Taten vollendet (289 Männer; 300 Frauen). Bei vollendetem Mord und Totschlag waren bei 68,4 % Verwandte oder nähere Bekannte tatverdächtig. Erst seit kurzem wird die Anzahl der Opfer von Mord und Totschlag in Partnerschaften erhoben. 2015 waren es insgesamt 415 Opfer, davon 331 Frauen (80%) und 84 Männer (20%).

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Tatbestand

Der Tatbestand ist in § 212 StGB enthalten:

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

 

Unterschied zum Mord-Tatbestand

Er unterscheidet sich vom Mord (§ 211 StGB) durch das Fehlen von Mordmerkmalen. Die Strafandrohung für Totschlag ist dementsprechend niedriger. Die Tat ist mit Freiheitsstrafe von 5 bis 15 Jahren bedroht. In besonders schweren Fällen wird jedoch, wie bei einem Mord, eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt (§ 212 II StGB). In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren (§ 213 StGB).

 

Beginn und Ende des „Lebens“ (Schutzbereich)

Entscheidend kommt es dabei auf die Subjektsqualität des Opfers als „Mensch“ im Sinne der Tötungsdelikte an, die nur in Grenzbereichen (insbes. Beginn und Ende) fraglich sein kann.

Erst ab dem Beginn der Geburt werden Handlungen (nach fast unbezweifelter herrschender Meinung) gegebenenfalls als Tötungsdelikte bewertet, also insbesondere als Totschlag. Für Eingriffe vor diesem Zeitpunkt sind allein die Normen zum Schwangerschaftsabbruch, also die §§ 218 ff. StGB, relevant. Zur Begründung für diese Abgrenzung berief sich der Bundesgerichtshof (BGH) unter anderem auf den Wortlaut des (inzwischen aufgehobenen) früheren § 217 StGB („Kindstötung“), der eine Strafmilderung (Privilegierung) für die Mutter eines nichtehelichen Kindes „in oder gleich nach der Geburt“ gegenüber den §§ 211, 212 StGB darstellte. Daraus, dass das Kind auch „in der Geburt“ vor einem Tötungsdelikt im engeren Sinne geschützt wurde, folgerte der BGH, dass das Leben im Sinne dieser Tötungsdelikte mit der Geburt anfange. Der Beginn der Geburt wird nach ebenso überwiegender Auffassung beim normalen Geburtsverlauf mit dem Beginn der Eröffnungswehen (oder bei operativen Methoden der Eröffnung der Gebärmutter) gleichgesetzt. Dies wird insbesondere mit der entsprechenden Definition des Geburtsvorgangs in der Medizin und mit der hohen Gefährdung und Schutzbedürftigkeit des Kindes von diesem Punkt an begründet. Nach Aufhebung der Sonderregelung für die „Kindstötung“ (§ 217 StGB a. F.) wird diese Rechtsauffassung wegen eines fehlenden Willens des Gesetzgebers, eine Änderung der Rechtslage hinsichtlich dieser Abgrenzung durchzuführen, (weiterhin bis auf vereinzelte Gegenmeinungen) beibehalten.

Das Leben endet nach herrschender juristischer Meinung mit dem eingetretenen Hirntod, also dem Erlöschen jeglicher Aktivitäten des Gehirns, unabhängig davon, ob andere Körperfunktionen noch (zum Beispiel für geplante Organtransplantationen) aufrechterhalten werden.

 

Verhältnis zum Mord

Die herrschende Lehre betrachtet Totschlag als sogenanntes Grunddelikt und Mord als dessen Qualifikation; die Rechtsprechung sah bisher in Mord und Totschlag eigenständige Delikte. Diese Differenz hat in Fallkonstellationen der Beteiligung Auswirkungen auf die Anwendung von Strafrechtsnormen des Allgemeinen Teils (vgl. § 28 Abs. 1 oder 2 StGB). Der Bundesgerichtshof äußerte sich allerdings auch bereits kritisch zur Behandlung des Verhältnisses durch die Rechtsprechung.

Im Gegensatz zum Mord, welcher nicht verjährt, verjährt der Totschlag nach 20 Jahren.

 

(Andere) Strafverschärfungen und Strafmilderungen

Absatz 2 von § 212 StGB nennt den besonders schweren Fall des Totschlags. Es handelt sich hierbei um eine Strafzumessungsregel, die strafverschärfend wirkt und die Strafandrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe erhöht. Sie findet Anwendung, wenn die Schuld des Totschlägers ebenso schwer wie die eines Mörders wiegt. Anstelle der fehlenden Mordmerkmale müssen besondere Umstände hinzutreten, durch die – wie bei Mord – das nötige Maß an „auf sittlich niedrigster Stufe stehender“ (BGH) besonderer, „geradezu verächtlicher“ Verwerflichkeit erreicht wird. Da freilich sowohl niedere Beweggründe wie besonders verwerfliche Begehungsweisen (Grausamkeit, Gemeingefährlichkeit) selbst Mordmerkmale sind, kommt eine Verurteilung wegen besonders schwerem Fall des Totschlags praktisch nicht vor.

In § 213 StGB ist der minder schwere Fall des Totschlags geregelt. Er ermöglicht eine mildere Bestrafung desjenigen, der ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen gegenüber begangene Misshandlung oder schwere Beleidigung zum Zorn gereizt und auf der Stelle zur Tat hingerissen wurde. Daneben nennt das Gesetz noch den nicht weiter charakterisierten sonstigen minder schweren Fall, bei dem eine Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände vorzunehmen ist. § 213 StGB stellt keinen eigenen Tatbestand, sondern ebenfalls eine Strafzumessungsregel dar, die den Regelstrafrahmen des Totschlages auf ein Jahr bis zu zehn Jahre absenkt. Der Totschlag in einem minder schweren Fall entspricht etwa dem, was in der Schweiz in Artikel 113 des Schweizer StGB als Totschlag definiert ist; die Tötung „in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung oder unter großer seelischer Belastung“, also eine Affekttat (zu Mord und Totschlag in der Schweiz siehe unter Mord – Schweiz).

Abgeschafft ist die frühere Qualifikation des Totschlags an Verwandten aufsteigender Linie („Aszendententotschlag“), die die Mindeststrafe von fünf auf zehn Jahre anhob und eine Strafrahmensenkung wegen mildernder Umstände ausschloss. 1998 wurde im Zuge des 6. Strafrechtsreformgesetzes auch die Kindstötung (§ 217 StGB a. F.) abgeschafft. Diese sah als Privilegierung einen geringeren Strafrahmen für eine Mutter vor, die ihr nichteheliches Kind unmittelbar nach der Geburt tötete. Derartige Fälle unterfallen nun auch dem Totschlag. In der Regel liegt dann aber ein sonstiger minder schwerer Fall vor.

In einem eigenen Paragraphen geregelt ist der Fall, in dem der Täter das Opfer auf dessen Verlangen hin tötet (Tötung auf Verlangen, § 216 StGB). Liegen die Voraussetzungen dieser Privilegierung nicht vollständig vor, so kommt auch hier ein Totschlag bzw. ein minder schwerer Fall des Totschlags in Betracht.

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